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Klingenformen

Formen von Messerklingen – Eigenschaften und Verwendung

 von Thomas Schoke

 

Form und Größe einer Messerklinge gehören neben der generellen Bauform eines Messers zu den Eigenschaften, die entscheidenden Einfluss auf seine Einsatzmöglichkeiten nehmen. Manche Klingenformen sind für einen speziellen Verwendungszweck optimiert, andere Klingen sind so gestaltet, dass ein möglichst breites Spektrum von Aufgaben bewältigt werden kann. Egal ob es sich um ein Taschenmesser oder ein Messer mit feststehender Klinge handelt, sein Einsatzzweck wird maßgeblich von der Form seiner Klinge bestimmt.

Neben rein praktischen Erwägungen wird die Form vieler Klingen auch von kulturhistorischen und künstlerischen Einflüssen bestimmt. Im ersten Fall wird eine Klingenform in einer Region, einem Land oder einer Berufsgruppe favorisiert und ihre Gestaltung aus praktischen Erwägungen, aber auch aus Traditionsbewusstsein nur geringfügig verändert. Ein völlig anderes Bild ergibt sich bei modernen Messern, deren individuelle Gestaltung darauf abzielt, sich von anderen Produkten zu unterscheiden oder die eine große Käuferschicht ansprechen sollen.

Wie in vielen Bereichen des Lebens haben sich auch für die Formen von Messerklingen englische Begriffe zugunsten deutscher Bezeichnungen etabliert. Übersetzungen sind in den meisten Fällen unmöglich oder zumindest wenig hilfreich, weil im Deutschen keine kurzen, ausreichend prägnanten Begriffe zur Verfügung stehen. Daher bleibt unsere Übersicht weitgehend bei den englischen Bezeichnungen und kommt trotz aller Mühe nicht ohne Sprachmischmasch aus.

 

Straightback oder Standard Klinge

Der Begriff „Standard“ hat sich für die Straightback Klinge eingebürgert, weil sie ebenso einfach wie effektiv ist und entsprechend oft eingesetzt wird. Die Standard Klinge gehört zu den ältesten bekannten Klingenformen und geht bis in die Antike zurück. Vor allem bei Messern mit feststehender Klinge findet sich dieser Klingentyp häufig.

straightback 

Charakteristisch ist der bis zur Spitze gerade verlaufende Klingenrücken, aber der erste Eindruck kann täuschen: Eine simple Konstruktion ist die Standardklinge nicht. Unterschiede zwischen Messermodellen liegen im Verhältnis zwischen der Länge des geraden Abschnitts und dem Bogen der Schneide in Richtung Klingenspitze.

Dabei gibt es zwei Extreme: Manche Straightback Klingen besitzen einen geraden Abschnitt, der sich über gut zwei Drittel der Klingenlänge erstrecken kann, wobei der verbleibende Teil steil, in einem engen Radius zur Klingenspitze ansteigt. Andere Straightback Klingen – wie die Grafik zeigt – besitzen nur einen kurzen geraden Bereich und eine sanft ansteigende Schneide mit großem Radius.

Vor allem bei Jagdmessern findet man die zweite Variante überdurchschnittlich oft, denn durch die gebogene Schneide ist die Kontaktfläche zwischen Schnittgut und Schneide sehr kurz. Dadurch wirkt die Kraft nur auf einen kleinen Abschnitt, was die Schneidleistung des Messers nur gefühlt, sondern auch praktisch erhöht. Gebogene Schneiden besitzen zwei weitere Vorteile: Feine Schnitte lassen sich sehr präzise setzen und die Neigung zu „festfressen“ der Schneide im Schnittgut ist deutlich geringer als bei einer völlig geraden Schneide.

Straightback Klingen sind solide und auch für große Messer mit feststehender Klinge gut geeignet. Durch die Kombination einer geraden mit einer gebogenen Schneide haben Messer mit Straightback Klinge ein weites Einsatzspektrum und sind im Alltag universell einsetzbar.

 

Glattschliff und Wellenschliff

Die meisten Klingen bei Messern mit feststehender Klinge und fast alle Taschenmesser besitzen einen Glattschliff wohingegen der Wellenschliff vor allem bei Brotmessern zum Einsatz kommt. Glatte Klingen besitzen eine Tendenz, sich in weichem Schnittgut festzufressen und zerreißen das Material eher als es zu schneiden.

Bei weichen, nachgiebigen Materialien, dazu gehören auch Stoffe, Gurte und Seile, ist der Wellenschliff durch seine Sägewirkung vorteilhaft. Ein Hanfseil lässt sich mit einer Wellenschliffklinge deutlich leichter, schneller und mit geringerem Kraftaufwand durchtrennen als mit einer glatt geschliffenen Klinge.

Daher haben Klingen mit Wellenschliff auch bei Messern mit feststehender Klinge und bei Taschenmessern ihren Platz. Die US-Firma Spyderco ist für ihren „Spyder-Edge“ genannten Wellenschliff berühmt, bei dem sich zwei kurze und eine lange Welle abwechseln. Zahlreiche Taschenmesser von Spyderco wurden mit einer Wellenschliffklinge ausgestattet, dazu gehören unter anderem die Modelle Military (C36), Police (C07) und Civilian (C12).

Auch Kombinationen von Glatt- und Wellenschliff sind gebräuchlich. So stattet Chris Reeve Knives seine großen Outdoor-Messer wahlweise mit einer Kombination aus Glattschliff im vorderen Bereich und einem kurzen Wellenschliff nahe der Klingenwurzel aus. Im Englischen werden diese Klingen als „Combination Edge“, also als „kombinierter Schliff“ oder Teilwellenschliff bezeichnet.

Im Gegensatz zu den USA, wo Klingen mit „Combination Edge“ recht beliebt sind, konnte sich der Teilwellenschliff in Europa, speziell in Deutschland, nie durchsetzen.

 

Drop Point Klinge

Diese Klingenform verdankt ihren Namen dem im vorderen Klingendrittel zur Spitze hin abfallenden Klingenrücken („drop point“, abgesenkte Spitze). Die Drop Point Klinge wird bei Taschenmessern aller Bauformen gerne verwendet, die Palette reicht vom kleinen Gentleman Folder bis zu großen Klappmessern im militärischen Stil. Die Form soll auf den legendären amerikanischen Messermacher Bob Loveless zurückgehen, der die Drop Point Klinge als Weiterentwicklung der Standardform propagiert hat. 

Droppoint

 

Durch den abgesenkten Klingenrücken liegt die Spitze auf Höhe der Mittelachse. Dadurch ist das Messer, vor allem bei filigranen Schnitten, mit dem Vorderteil der Klinge sehr gut steuer- und beherrschbar. Auch die Drop Point Klinge besitzt gute Allround-Eigenschaften und meistert sowohl bei Taschenmessern wie auch bei Messern mit feststehender Klinge alle Aufgaben souverän.

 Die Drop Point Klinge ist mit allen ihren gestalterischen Varianten die meistverwendete Klingenform bei Taschenmessern, dabei reicht die Spanne vom Schweizer Offiziersmesser über moderne Framelock Folder bis zu vielen Bauformen der traditionellen französischen Taschenmesser.

 

Clip Point Klinge

Mit der Clip Point Klinge ist der Messertyp des Bowie Knife fest verbunden, weshalb diese Klingenform gelegentlich auch als „Bowie-Klinge“ bezeichnet wird. Das Wort „clip“ gehört zu den amerikanischen Universalwörtern und kann je nach Zusammenhang mehrere Dutzend Bedeutungen annehmen. Bei dieser Klingenform bedeutet „to clip“ etwas weg- oder abschneiden und bezieht sich auf die konkave Linienführung des Klingenrückens nahe der Spitze.

 

Clippoint

Diese Gestaltung nimmt Material aus der Klinge, ohne die Struktur deutlich zu schwächen. Daher ist eine Clip Point Klinge bei gleicher Länge und Stärke leichter und weniger kopflastig wie eine Drop Point Klinge. Wenn in alten Büchern oder Artikeln von einer Entenschnabelklinge gesprochen wird, ist damit ebenfalls die Clip Point Klinge gemeint. Von der Seite betrachtet ähnelt der vordere Teil der Klinge dem Schnabel einer Ente.

Clip Point Klingen werden außer beim typischen Bowie Messer auch bei kleineren Messern mit feststehender Klinge sowie bei Taschenmessern eingesetzt. Der Anstieg der Schneide ist dem einer Drop Point Klinge vergleichbar, die Spitze ist jedoch deutlicher ausgeformt. Daher benötigt ein Stich in weiche Materialien mit einer Clip Point Klinge deutlich weniger Kraft als mit einer Drop Point Klinge.

Die Schneidleistung der Clip Point Klinge wird durch die Form des Klingenrückens nicht beeinflusst und entspricht der einer Drop Point Klinge.

 

Trailing Point Klinge

Schon auf den ersten Blick wird die Ähnlichkeit der Trailing Point Klinge mit der Clip Point Klinge deutlich. Der Hauptunterschied liegt in der weit nach oben gezogenen Klingenspitze und dem langen Bogen der Schneide im vorderen Klingendrittel. Die Trailing Point Klinge findet sich zumeist an Taschenmessern, wird aber gelegentlich auch bei Messern mit feststehender Klinge, vor allem bei Jagdmessern verwendet.

 

Trailingpoint

Trailing Point Klingen weisen häufig einen Flachschliff auf, der über das gesamte Klingenblatt reicht. Zusammen mit der ausgeprägten Spitze wird bei der Herstellung dieser Klingenform viel Material abgetragen. Das Ergebnis ist eine leichte, sehr schmale und schneidfreudige Klinge, die sich besonders gut zum Abdecken von Wild (jagdl. „aus der Decke schlagen“) eignet. Die hochgezogene Spitze ist aus dem Weg, wenn Schnitte mit der Rundung der Schneide gesetzt werden.

Trailing Point Klingen sind gute „Slicer“ (Messer mit hoher Schneidleistung) und eignen sich auch zum Filetieren. Die lange und fein ausgeschliffene Klingenspitze ist bei Weitem nicht so stabil wie bei einer Drop Point oder Standard Klinge und kann brechen, wenn seitliche Hebelkräfte einwirken. Zwar ist die Trailing Point Klinge noch grundsätzlich alltagstauglich, aber ihre speziellen Eigenschaften werden eher selten benötigt.

 

Hawkbill Klinge

Die Hawkbill Klinge, manchmal auch Talon Klinge genannt, gehört zu den für einen bestimmten Verwendungszweck entwickelten Klingenformen. Charakteristisch ist, dass Klingenrücken und Schneide im vorderen Klingenbereich nach unten gezogen sind, sodass die Klingenspitze weit unterhalb der Klingenmitte, oft sogar unterhalb des Griffs liegt. Manche Hawkbill Klingen sind über ihre gesamte Länge halbmondförmig gestaltet und ähneln dem Schnabel eines Raubvogels.

 Hawkbill

Hawkbill Klingen sind auf Zugschnitte spezialisiert. Dabei setzt man die Schneide mit ihrem hinteren Ende am Schnittgut an und zieht das Messer vom Schnittgut weg. Solche Zugschnitte sind sehr effektiv, wenn Netze, Seile oder Stoffe durchtrennt werden sollen. Die Hawkbill Klinge gilt daher als Messer der Fischer und Seeleute, die Klingenform wird aber auch bei Rettungsmessern und Messern für Gartenarbeit oder Ernte eingesetzt.

Da mit einer Hawkbill Klinge vorzugsweise Seile, Stoffe oder andere weiche Materialien geschnitten werden, sind die Klingen oft mit einem Wellenschliff ausgestattet (s. Abschnitt „Glattschliff und Wellenschliff). Durch die Kombination der Hawkbill Klinge mit einem Wellenschliff wird die Schneidleistung des Messers auf seinen Spezialgebieten nochmals erhöht. Für alltägliche, völlig verschiedene Schneidearbeiten ist die Hawkbill Klinge jedoch nur begrenzt geeignet.

  

Sheepsfoot Klinge

Tatsächlich soll die ursprüngliche Verwendung der Sheepsfoot Klinge die Bearbeitung der Klauen von Schafen gewesen sein. Also ein Hirtenmesser für eine spezialisierte Anwendung. Trotzdem zeigen sich Messer mit Sheepsfoot Klinge durchaus alltagstauglich und eignen sich für viele unterschiedliche Schneidearbeiten. Die Sheepsfoot Klinge kommt üblicherweise bei Taschenmessern und kurzen Messern mit feststehender Klinge zum Einsatz.

 Sheepsfoot

Die Sheepsfoot Klinge verfügt über eine gerade Schneide. Bei einem klassischen Modell senkt sich der Klingenrücken im vorderen Viertel der Klinge in einem starken Bogen zur Klingenspitze, die auf Höhe der Schneide liegt. Viele moderne Varianten der Sheepsfoot Klinge variieren dieses Layout. Manchmal fällt der Klingenrücken in gerade Linie zur Spitze ab, wodurch die Grenze zur Wharncliffe Klinge durchbrochen wird, manchmal wird die Schneide nicht völlig gerade, sondern mit einer konvexen Biegung ausgeführt.

Ein Beispiel für eine sehr erfolgreiche Variante der Sheepsfoot Klinge ist die Insingo Klinge, die auf die US-Firma Chris Reeve Knives zurückgeht. Bei der Insingo Klinge ist die Schneide leicht gebogen, wodurch die Klingenspitze mehr in Richtung Klingenmitte wandert. Die Alltagstauglichkeit der Sheepsfoot Klinge ist bereits gut, die der Insingo Klinge sogar hervorragend.

insingo

 

Insingo Klinge (beim geöffneten Messer) im Vergleich zur Drop Point Klinge. (Bild: Chris Reeve Knives, https://chrisreeve.com)

  

Wharncliffe Klinge

Im Gegensatz zu vielen anderen Klingenformen ist für die Wharncliffe Klinge eine (mögliche) Entstehungsgeschichte überliefert. In der Mitte des 19. Jahrhunderts soll James Archibald Stuart-Wortley-Mackenzie, der erste Lord of Wharncliffe, seine Enttäuschung über ausbleibende Innovationen im Bereich der Taschenmesser beklagt haben und gemeinsam mit dem britischen Hoflieferanten Joseph Rodgers & Son einen neuen Klingentyp entwickelt haben: die Wharncliffe Klinge.

 Wharncliffe

 

Die Wharncliffe Klinge ist wie die Sheepsfoot Klinge von einer gerade verlaufenden Schneide gekennzeichnet, jedoch senkt sich der Klingenrücken bereits mindestens ab der Klingenmitte in Richtung Spitze.

 Wharncliffe Klingen sind oft schmal und laufen in einer feinen Spitze aus, was sie zu sehr guten Slicern von der Qualität eines Kartonscheiders macht. Die Wharncliffe Klinge ist alltagstauglicher, als ihr Aussehen vermuten lässt, tatsächlich haben sich diese Klingen vielfach in der täglichen Arbeit bewährt. Die lange schmale Spitze benötigt besonderes Augenmerk, denn ihre Bruchsicherheit ist konstruktionsbedingt geringer als die einer Drop Point oder Standard Klinge.   

 

American Tanto Klinge

Tanto ist die typische Klingenform vieler japanischen Lang- und Kurzschwerter, unter anderem auch der berühmten Samurai-Schwerter. Die japanische Tanto Klinge ähnelt der Standard Klinge und weist nahe der Spitze eine bogenförmig steil steigende Schneide auf. Um Verwechselungen mit dem japanischen Original zu umgehen, sollte die umgangssprachlich „Tanto“ genannte Bauform besser als „American Tanto“ bezeichnet werden.  

Tanto

 

Die American Tanto Klinge besitzt eine lange Hauptschneide und eine kurze Querschneide, die in der Klingenspitze ausläuft. Haupt- und Querschneide bilden dabei einen stumpfen Winkel von etwa 135° Grad. Je nach Messermodell und Hersteller kann dieser Wert jedoch variieren. American Tanto Klingen finden sich gleichermaßen bei Taschenmessern und Messer mit feststehender Klinge und werden überdurchschnittlich oft bei Messern im militärisch-taktischen Stil eingesetzt.

Abseits der etwas martialischen Optik und der prominenten Klingenspitze sind American Tanto Klingen erstaunlich alltagstauglich. Die Querschneide ermöglicht feine Schnitte und gute Kontrolle über die Schnittführung, die Hauptschneide arbeitet wie bei einem Messer mit Standard Klinge. Ein allergischer Punkt der American Tanto Klinge ist der Übergang zwischen beiden Schneiden, da diese Stelle bei vielen Arbeiten hochbelastet ist.

 

Spear Point Klinge

In der Bezeichnung Spear Point Klinge steckt das englische Wort für Speer, und tatsächlich handelt es sich um die Form einer Speerspitze. Gleichzeitig ist die Spear Point Form auch eine klassische Dolchklinge. Die mittige, fein ausgeschliffene Klingenspitze ist für Stiche optimiert, der beidseitige Anschliff unterstützt das leichte Eindringen der Klinge. Die Domäne der Spear Point Klinge sind Dolche und Butterfly-Messer, für Taschenmesser wird sie nur selten verwendet. Spearpoint

Spear Point Klingen können einseitig oder beidseitig geschliffen sein und egal, welche Variante man vor sich hat, ist die Eignung der Spear Point Klinge für alltägliche Scheidearbeiten recht gering. Auch waffenrechtlich sind Spear Point Klingen, also Dolche, bedenklich, denn der Gesetzgeber rechnet ihnen eine Waffeneigenschaft zu. Durch §42a, Absatz 1, Punkt 2, WaffG unterliegen Messer mit beidseitig geschliffener Spear Point Klinge dem Führverbot in der Öffentlichkeit.

  

Needle Point Klinge

Die Needle Point Klinge ist eine Variante der Spear Point Klinge mit deutlich flacher zulaufender Spitze. Üblicherweise sind beide Schneiden scharf geschliffen. Dadurch werden die Eigenschaften des Penetrierens und Durchstoßens verstärkt. Für Alltagsaufgaben und normale Schneidearbeiten sind Needle Point Klingen weitgehend ungeeignet.

Needlepoint

Die waffenrechtliche Einordnung der Needle Point Klinge unterscheidet sich nicht von der einer Spear Point Klinge und Messer mit diesem Klingentyp unterliegen in Deutschland dem Führverbot.

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