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Klingenverriegelungen

 von Thomas Schoke

 

Die Klinge eines Taschenmessers in der geöffneten Position verriegeln zu können, verhindert das unbeabsichtigte Einklappen und schützt die Finger am Griff vor Verletzungen. Schon früh in der Geschichte des Taschenmessers kam der Wunsch nach diesem Sicherheitsmerkmal auf, doch Materialqualitäten und Fertigungstechnik ermöglichen erst sein einigen Jahrzehnten ausreichend zuverlässige Verriegelungssysteme.

Heute gehören Klingenverriegelungen zur technischen Grundausstattung bei vielen modernen Taschenmessern und eine Vielzahl unterschiedlicher technischer Lösungen konkurrieren um die Gunst der Käufer. Die Zuverlässigkeit der heutigen Verriegelungssysteme ist hoch. Selbst wenn hohe Kräfte auf die Klinge einwirken, führt dies bei modernen Messern nur noch äußerst selten zum Versagen der Klingenverriegelung.

So liegt das Augenmerk vieler Messerbesitzer weniger auf der mechanischen Stabilität eines Verriegelungssystems, sondern auf seinen ergonomischen Eigenschaften und dem Bedienkomfort. Die Stärken und Schwächen der populärsten Klingenverriegelungen haben wir für Sie in der folgenden Übersicht zusammengestellt.

 

Drehverschluss (Collar Lock oder Ring Lock)

Der Drehverschluss gehört zu den ältesten und technisch einfachsten Systemen, mit denen sich eine Klinge in der geöffneten Position verriegeln lässt. Es hat nie weite Verbreitung erfahren und das Prinzip des Drehverschlusses ist fest mit dem Namen Opinel verbunden. Cold Steel hat vor vielen Jahren eine hausinterne Weiterentwicklung des „Ring Lock“ bei einigen Messermodellen eingesetzt, verwendet das System heute aber nicht mehr.

Die Stärke des Ring Lock liegt in der Einfachheit seiner Konstruktion. Am vorderen Griffende befindet sich ein Metallring mit einem Schlitz, der minimal breiter als die Klinge ist. Beim Öffnen passt die Klinge durch den Schlitz. Bei voll geöffneter Klinge wird der Metallring nach links oder rechts gedreht, sodass die Klinge nun gegen den Metallring stößt und nicht einklappen kann.

Grundsätzlich verriegelt der Drehverschluss die Klinge zwar mit ausreichender Zuverlässigkeit, besitzt jedoch sowohl im technischen Bereich wie auch bei der Bedienung deutliche Schwächen. In der geöffneten Position kann Verschleiß schon nach kurzer Zeit zu spürbarem Klingenspiel führen. Die Bedienung des Drehverschlusses ist unkomfortabel, da der Ring zum Öffnen oder Schließen der Klinge in einer definierten Position stehen muss. Egal ob die Klinge ein- oder ausgeklappt werden soll, sind ein Blick auf die Stellung des Rings und beidhändige Bedienung notwendig.

 

Liner Lock

Das Liner Lock gehört zu den ältesten Systemen zu Klingenverriegelung und das erste Patent auf dieses System wurde im Jahr 1906 erteilt. Über siebzig Jahre später überarbeitete der amerikanische Messermacher Michael Walker das System und machte es zuverlässiger und leichter bedienbar. Einige Messerhersteller würdigen den Erfinder des modernen Liner Lock und verwenden die Bezeichnung „Walker Linerlock“ (Spyderco) oder „Walker Lock“ (A.G. Russell Knives).

Als Liner bezeichnet man in der Messertechnik unter den Griffschalen liegende Metallplatten, die durch Schrauben und Bolzen miteinander verbunden sind und einen stabilen Rahmen bilden. Die Klinge liegt zwischen beiden Linern. Der Verriegelungsmechanismus besteht aus einer länglichen, blattartigen Feder, die aus dem Liner heraustritt und bei geöffneter Klinge seitlich gegen eine rampenförmige Oberfläche an der Klingenwurzel drückt. Das Liner Lock besitzt eine automatische Verschleißkompensation, da sich die Blattfeder bei Abnutzung in Richtung des höheren Abschnitts der Rampe bewegt.

Um ein Liner Lock zu entriegeln, dreht man das Messer in der Hand, sodass sich der Daumen an der Griffunterseite befindet. Nun lässt sich der Federstahl von der Klingenwurzel wegdrücken und die Klinge kann eingeklappt werden. Das Entriegeln eines Liner Lock ist leicht erlernbar, mit einer Hand möglich und erfordert keinen Blick auf das Messer.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war das Liner Lock das am häufigsten verwendete Verriegelungssystem bei Taschenmessern. Obwohl es gut funktioniert und leicht bedienbar ist, wird es mehr und mehr durch modernere Systeme abgelöst. Heute findet man das Liner Lock noch häufig bei Taschenmessern im klassischen Stil, kleinen Gentleman Foldern und Taschenmessern der unteren bis mittleren Preiskategorie.

 

Framelock (Reeve Integral Lock)

Bei Taschenmessern mit Griffschalen oder einem Rahmen aus Titan ist das Framelock zurzeit das am häufigsten eingesetzte Verriegelungssystem. Das Framelock ist eine Weiterentwicklung des Liner Lock und geht auf den aus Südafrika stammenden Messermacher Chris Reeve zurück. Beim Framelock ist das Federelement Teil der linken (für Rechtshänder) oder rechten (für Linkshänder) Titangriffschale.

Die Bezeichnung „Integral Lock“ hatte Chris Reeve gewählt, da der Verriegelungsmechanismus in die Griffschale integriert war und Liner verzichtbar wurden. Durch dieses Konstruktionsprinzip konnten Taschenmesser erheblich leichter und schmaler werden.

Die Erfindung des Framelock war eine bahnbrechende Neuerung und erstaunlicherweise hat Chris Reeve seine Erfindung nie zum Patent angemeldet. Jede Firma und jeder Messermacher durfte das Framelock verwenden, ohne Lizenzgebühren zahlen zu müssen. Viele internationale Hersteller würdigen den Erfinder, indem sie nicht den Begriff „Framelock“ verwenden, sondern das Verriegelungssystem bis heute als „Reeve Integral Lock“ bezeichnen (u.a. Spyderco).

Das Framelock verfügt ebenfalls über eine automatische Verschleißkompensation, denn die Klingenwurzel weist eine Rampe auf, sodass die Verriegelungsstange bei Abnutzung einfach ein Stück weiter die Rampe hinauf wandert. Da das Titan von Griffschale und Verriegelungsstange im Vergleich zum Klingenstahl sehr weich ist, befindet sich bei hochwertigen Taschenmessern am Ende der Verriegelungsstange ein Stahleinsatz. Dieser wirkt nicht nur dem Verschleiß entgegen, er verhindert auch das „Festkleben“ des Titanarms an der Klingenwurzel.

Wie das Liner Lock wird auch das Framelock an der Griffunterseite mit dem Daumen entriegelt. Die Bedienung ist noch einfacher und bequemer als beim Liner Lock und die Kombination aus Zuverlässigkeit, Langlebigkeit und Bedienkomfort hat den Siegeszug des Reeve Integral Lock begründet.

 

Axis Lock

Auch das Axis Lock ist eine Entwicklung der 1980er-Jahre und wurde gemeinsam von den beiden amerikanischen Messermachern William McHenry und Jason Williams entwickelt. Anschließend meldeten sie das Verriegelungssystem zum Patent an und lizenzierten es einige Jahre später exklusiv an Benchmade. Da kein anderer Hersteller das Axis Lock verwenden konnte, wurde es zu einer Art Markenzeichen für Benchmade. Seit der Patentschutz Ende 2016 auslief, verwenden zahlreiche Hersteller das Axis Lock entweder in der Originalversion oder leicht modifizierte Versionen.

Das Axis Lock ist von außen nur durch zwei Knöpfe im vorderen Drittel des Griffs erkennbar. Die Mechanik verbirgt sich unter den Griffschalen. Erreicht die Klinge beim Öffnen ihre Endposition, gleitet ein Verriegelungsbolzen federbelastet in eine Aussparung an der Klingenwurzel und blockiert die Klinge. Zum Entriegeln wird einer der beiden Bolzen am Griff gegen die Federkraft nach hinten gezogen, wodurch der Verriegelungsbolzen die Klinge freigibt.

Ein Vorteil in der Konstruktion des Axis Lock ist die beidhändige Bedienbarkeit der Entriegelung, sodass das Messer gleichermaßen gut für Rechts- und Linkshänder geeignet ist. Ein Schwachpunkt ist die hufeisenförmige Feder, deren Vorspannung im Lauf der Zeit abnimmt. Auch Federbrüche sind ein bekanntes Problem des Axis Lock. Daher wird bei den meisten aktuellen Modifikationen des Axis Lock ein modifiziertes Federsystem verwendet.

Das Axis Lock ist ein sehr zuverlässiges und leicht bedienbares Verriegelungssystem. Es ist weniger schmutzanfällig als Systeme mit außen liegender Mechanik (Liner Lock und Framelock), erfordert aber sorgsames Arbeiten bei der Demontage des Messers.

 

Button Lock

Das Button Lock ist ein elegantes Verriegelungsystem. Es ist von außen kaum erkennbar und trotzdem intuitiv bedienbar. Doch gleichzeitig ist es auch anfälliger für Fehlfunktionen als Liner Lock oder Framelock und stellt höchste Ansprüche an Material- und Fertigungsqualität.

Die Verriegelung erfolgt durch einen Bolzen, der quer im oberen, vorderen Drittel des Griffs liegt. Der Bolzen wird durch eine kurze, runde Feder stets in der Verriegelungsposition gehalten. Beim Öffnen der Klinge schiebt der Klingenrücken den Bolzen ein Stück zur Seite und die Feder bewegt ihn hinter dem Klingenrücken zurück in seine Ruheposition. Die Klinge ist nun verriegelt.

Beim Entriegeln drückt der Daumen den seitlich am Griff liegen Knopf, wodurch eine Aussparung im Bolzen hinter die Klingenwurzel bewegt wird und die Klinge einklappen kann. Die Entriegelung erfolgt bequem durch einen Knopfdruck und benötigt aufgrund der kleinen Feder nur wenig Kraft.

Den Vorteil der bequemen Bedienung muss man sich mit einigen Nachteilen erkaufen. Die Kontaktfläche des Bolzens mit der Klingenwurzel ist klein, auftretende Kräfte konzentrieren sich nahezu auf einen Punkt. Sind Messer und alle Bauteile der Verriegelung nicht mit höchster Präzision gefertigt, genügt oft ein kräftiger Druck auf den Klingenrücken, um die Verriegelung zu lösen.

Zudem ist das Button Lock überdurchschnittlich fehleranfällig, wenn Sand, Staub oder Fusseln in die Mechanik gelangen. Durch Schmutz kann der Bolzen mitunter nicht in seine Endposition gleiten und kann von der Klinge beiseite gedrückt werden, ohne dass der Entriegelungsknopf betätigt wurde.

 

Back Lock

Das Back Lock ist eine Entwicklung von Buck Knives aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts. Es ist nicht patentgeschützt und wird von zahlreichen Herstellern verwendet. Viele Firmen haben das ursprüngliche Back Lock leicht modifiziert, ohne dabei am Grundprinzip dieses Verriegelungssystems zu rütteln.

Kernstück des Back Lock ist eine lange Verriegelungsstange, die oben zwischen beiden Griffschalen und der dazugehörigen Liner liegt. Bei vielen Messern erstreckt sich die Verriegelungsstange über die gesamte Grifflänge und wird durch einen Federstahl in Position gehalten. Beim Öffnen hebt die Klingenwurzel die Verriegelungsstange einige Millimeter an, bis ihr hakenförmiges Endstück in eine Aussparung an der Klingenwurzel greift. Der Federdruck lässt die Verriegelungsstange in ihre Ausgangsposition zurückkehren und die Klinge ist verriegelt.

Das Entriegeln erfolgt durch Druck auf das gegenüberliegende Ende der Verriegelungsstange nahe der Hinterseite des Griffs. Da sich die Verriegelungsstange um eine Mittelachse dreht, wird der Haken aus seiner Aussparung in der Klingenwurzel gehoben und die Klinge kann geschlossen werden.

Das Back Lock ist ein zuverlässiges Verriegelungssystem, wenn die Vorspannung der Rückenfeder ausreichend hoch ist. Die hohe Federkraft erfordert allerdings einen nachdrücklichen Impuls, um die Klinge zu entriegeln. Vor allem bei kleinen Messern kann die benötigte Kraft unangenehm hoch sein.  

 

Compression Lock

Das Compression Lock wurde von der amerikanischen Firma Spyderco entwickelt und zum Patent angemeldet. Da andere Hersteller Lizenzgebühren für die Verwendung des Compression Lock an Spyderco zahlen müssten, hat das Verriegelungssystem über Spyderco hinaus nur geringe Verbreitung erfahren.

Technisch ist das Compression Lock eine Adaption des Walker Liner Lock, wobei der Entriegelungshebel statt an der Griffunterseite nun an der Oberseite des Griffs kurz hinter der Klingenachse liegt.

In einer Aussparung im Liner befindet sich eine blattartige Feder die bei voll geöffneter Klinge einen Anschlagstift seitlich in eine Aussparung an der Klingenwurzel bewegt. Zum Entriegeln lässt sich an der Griffoberseite ein Hebel zur Seite bewegen, sodass die Klinge freigegeben wird und einklappen kann.

Das Compression Lock ist ebenso zuverlässig wie das Liner Lock und durch die Betätigung an der Griffoberseite etwas leichter und intuitiver zu bedienen. Das bekannteste Messer mit einem Compression Lock ist das Spyderco Paramilitary, obwohl die US-Firma diese Lock auch bei zahlreichen anderen Modellen eingesetzt hat.  

 

Slip Joint

Das Slip Joint ist kein Verriegelungssystem, denn die Klinge wird nicht mechanisch blockiert und muss daher auch nicht entriegelt werden. Tatsächlich wirkt nur eine Federkraft auf die Klinge und drückt sie in Richtung der voll geöffneten Position. Daher kann die Klinge wie bei einem klassischen Taschenmesser durch Druck auf den Klingenrücken geschlossen werden. Viele Slip Joint sind mit einem weiteren federunterstützten Haltepunkt bei 90° oder 45° Grad Öffnungswinkel der Klinge ausgerüstet. So soll vermieden werden, dass die Klinge beim Schließen unkontrolliert einklappt.

Bei Slip Joint gibt es kein einheitliches Konstruktionsprinzip, der Name beschreibt also eher das Prinzip als technische Details. Bei manchen Slip Joint drückt ein federbelasteter Bolzen gegen die Klingenwurzel, bei anderen ein langer Federstahl.

Da weder eine mechanische Klingenverriegelung existiert noch die Klinge durch Druck auf einen Hebel oder Knopf freigegeben wird, gelten Slip Joint in Deutschland auch dann nicht als verbotene Einhandmesser, wenn sich die Klinge einhändig öffnen lässt. Das Führen von Einhandmessern im öffentlichen Raum ist in Deutschland nur untersagt, wenn sich die Klinge einhändig öffnen lässt UND in der geöffneten Position mechanisch verriegelt wird.

Durch den Wegfall der Beschränkungen des Waffengesetzes sind Slip Joint in Deutschland zunehmend populär geworden. War diese Bauform lange Jahre klassischen Taschenmessern und noblen Gentleman Foldern vorbehalten, gibt es heute kaum noch einen Hersteller, der kein Slip Joint im Programm hat.   

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